„Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und acht Stunden Freizeit und Erholung“.
Das war die Idee, die der Forderung von Robert Owen im frühen 19. Jahrhundert zugrunde lag.
Arbeiter:innen weltweit haben bis ins 20. Jahrhundert hinein für diese Errungenschaft (denn damals war es definitiv eine) gekämpft.
Das Modell aus dem Zeitalter der Industrialisierung und dem Sektor der produzierenden Lohnarbeit ist zum Standard, zur Normalität geworden.
Industrielle Lohnarbeit ist recht einfach skalierbar (gedacht!). Pro Stunde schaffst du einen Output a. Es ist simple Mathematik, dass man in 8 Stunden nun also mehr „a“ schafft als in nur 4 oder 6 Stunden.*
Brainwork ist nicht proportional
Diese Grundsatzdenke mag für die Arbeit am Fließband noch gerade so stimmen.
Aber viele von uns stehen in ihrer tagtäglichen Arbeit nicht mehr am Band, richtig? Meistens erhalten wir auch keinen Lohn mehr, sondern Gehalt.
Bei mir geht die Rechnung jedenfalls nicht mehr so einfach auf. Wenn ich an einer Stellenanzeige 4 Stunden sitze, bedeutet es nicht, dass ich an einem 8-Stunden-Arbeitstag zwei Stellenanzeigen konzipieren kann. Nach den 4 Stunden habe ich nämlich keine Energie mehr um den richtigen Wums in die Anzeige zu bringen. Und manchmal brauche ich auch drei Tage bis ich mit der Anzeige zufrieden bin.
Meine Arbeit ist nicht einfach so proportional steigerbar.
In vielen unserer Jobs geht es längst nicht mehr um die quantitative Erfüllung von Stückzahl Vorgaben oder um den einfachen Tausch (Arbeits-)Zeit gegen Geld.
Arbeit endlich „neu“ denken
Arbeitgeber:innen sollten daher doch endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Wir zahlen doch längst Gehälter. Eine fixe Summe also. Warum wird als Bedingung dafür trotzdem noch eine bestimmte Anzahl an Arbeitsstunden festgelegt, wenn sowieso kein Zeitlohn berechnet wird? Warum legen wir nicht Ziele und Verantwortlichkeiten fest, warum steht nicht die Qualität der Arbeit im Vordergrund? Warum wird zugelassen, dass bei Präsenzpflicht im Büro Stunden „abgesessen“ werden (müssen)?
Bitte, liebe Arbeitgeber, fangt deshalb an, vorbehaltlos seit Jahrzehnten übernommene Kategorien wie Teilzeit- und Vollzeitarbeit zu hinterfragen. Öffnet euch für mehr Vertrauensarbeitszeit und vor allem für fragmentiertes Arbeiten.
(Hierzu erschien im Sommer 2021 auch ein Beitrag im wunderbaren femMit Magazin.)
Und vertraut generell mehr darauf, dass gute und motivierte Mitarbeitende ihre Arbeitsleistung erbringen, weil sie aus intrinsischen Motiven handeln.
Mit einem guten Mix aus zielgerichtetem Recruiting, Personalentwicklung und Talent Management ist es jedenfalls meiner ganz persönlichen (und nachweislichen) Erfahrung nach möglich, genau diese Arbeitsbedingungen für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden zu schaffen.
*Der Einfachheit halber lasse ich Themen wie Akkordarbeit und andere Faktoren jetzt mal außen vor. Zur Veranschaulichung reicht das einfache lineare Beispiel aus)
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